Mit Mitte 20 entdeckte ich einen kleinen weißen Fleck auf meinem linken Handrücken. Es wunderte mich dass diese Stelle immer weiß blieb, obwohl ich doch im Sommer schon immer eine wunderschöne gleichmäßige Bräune am ganzen Körper hatte. Und auch im Winter blieb dieser kleine Fleck immer heller als meine restliche Hautfarbe.
Irgendwann machte ich mir keine Gedanken mehr um ihn, er war einfach da und gehörte zu mir. Und im Laufe der Jahre geriet er auch irgendwie in Vergessenheit.
Bis im Jahr 2015……
Mein Vater war schwer erkrankt, meine Oma hatte fast zur gleichen Zeit einen Schlaganfall und dann erkrankte noch meine Mutter an Krebs. Eine Zeit des Spießrutenlaufens begann. Neben meiner Selbständigkeit pendelte ich mehrmals wöchentlich hundert Kilometer von Wohnort zu Wohnort und nebenher „erledigte“ ich noch den täglichen „normalen“ Alltagswahnsinn, Firma, Haushalt, Wäsche, einkaufen und was noch so anfiel. Ich pack das schon alles. Dachte ich! Noch im gleichen Jahr bekam ich die Quittung…
Irgendwann fing eines Abends meine komplette Haut am ganzen Körper an zu jucken – außer im Gesicht. Dieser Juckreiz machte mich wahnsinnig, an den Beinen schien es besonders schlimm zu sein.Ich kratzte mich so lange bis ich blutete. Sogar im Schlaf,
wenn ich überhaupt schlafen konnte, denn dieser Juckreiz machte es mir fast unmöglich ein Auge zu zu machen. Da ich eine Allergie vermutete suchte ich einen Hautarzt auf – eine Odyssee an Arztbesuchen begann – bis hin zu zwei Besuchen in der Notaufnahme zweier Krankenhäuser – keiner konnte mir helfen. Und so cremte und schmierte ich wochenlang Cremes und Salben, alles was auch nur ein kleines bisschen Linderung versprach, in der Hoffnung dieser Juckreiz würde irgendwann zu Ende gehen.
Und das tat er zum Glück auch – allerdings nicht ohne Folgen… Ich weiß nicht genau wann es war oder wie viel Zeit dazwischen lag, ob es Tage oder Wochen waren nachdem der Juckreiz aufhörte, irgendwann schaute ich in den Spiegel und entdeckte mehrere große weiße Flecken an meinem Hals. Meine Augen wanderten vom Hals in Richtung Dekolleté und auch dort waren mehrere helle Stellen. Ich fing an meinen Körper abzusuchen und musste feststellen, dass sich überall am Körper verteilt hellere Hautstellen und weiße Flecken gebildet hatten. Im ersten Moment stockte ich – ich hörte in mich hinein und wartete auf eine Reaktion. Das ist bestimmt diese Weißfleckenkrankheit schoss es mir durch den Kopf. Woher kommt das und was kann man dagegen tun, geht das wieder weg – etliche Fragen schwirrten mir im Kopf herum. Ein weiterer Besuch bei einem Hausarzt brachte Klarheit und somit auch die Ernüchterung. Das ist eindeutig Vitiligo eine Autoimmunerkrankung, nicht heilbar, man kann es durch Bestrahlung vereinzelt stoppen, es sind viele Sitzungen nötig, zum Selbstkostenpreis, wird nicht von der Krankenkasse übernommen. Man kann es versuchen, aber eine Garantie gibt es nicht.
Mit diesen vielen Informationen verließ ich die Praxis und hatte eines klar vor Augen – eine solche Prozedur mit solch minimalen Erfolgschancen wollte ich nicht! Ich durchforstete immer wieder das Internet auf der Suche nach Ärzten oder Kliniken die vielleicht doch eine Möglichkeit aufzeigen könnten eine Heilung herbei zu führen, ich meldete mich in Foren und anderen verschiedenen Plattformen an mit immer dem gleichen Ergebnis: Heilungschance null!
Und dann hörte ich auf nach Heilung zu suchen und fing an Vitiligo und damit auch mich mit meinen Flecken anzunehmen! Es ist eine Autoimmunerkrankung, die nicht heilbar ist, aber auch nicht weh tut und daran sterben werde ich auch nicht! Es ist eine rein optische Angelegenheit! Nicht mehr und nicht weniger!
Das ist nun 6 Jahre her – natürlich sind wesentlich mehr Flecken dazu gekommen, man kann beobachten wie sie sich vermehren, oft ist es nur noch ein AHA-Effekt „oh da sind ja schon wieder ein paar neue Flecke“, aber es stört mich nicht mehr im geringsten.
Ich habe gelernt damit zu leben.
Ein paar kleine Einschränkungen gibt es schon, denn das Tragen von einem gepunkteten oder gestreiften Rock mit gefleckten Beinen sieht nicht gerade passend aus, aber auch hier gibt es Tricks und Kniffe – mit etwas Camouflage Make-up haben die Beine eine gleichmäßige Bräune und schwupps sind die Flecken wie weggezaubert.
Und wenn ich ab und an im Sommer eine gleichmäßige Bräune für ein bis 2 Wochen ohne Flecken möchte – das Tanningspray im Tanningstudio macht´s möglich.
Ich weiß das sehr viele Betroffene unter dieser Krankheit leiden, sich verstecken und sich ausgegrenzt fühlen. Viele Berichten auch darüber, dass andere Menschen sie diskriminieren, auslachen, ausschließen oder auch einfach nur mit Blicken mustern.
Mir ist das zum Glück bis heute noch nicht passiert. Aber ich glaube auch fest daran, je mehr man sich selbst akzeptiert, ganz gleich mit welchem „Makel“, je mehr Selbstbewusstsein man ausstrahlt umso weniger Angriffsfläche bietet man.
Ich weiß, das ist leicht gesagt, aber glaubt mir, auch ich habe hart an mir arbeiten müssen um an diesen Punkt zu kommen. Ich spreche hier aus Erfahrung, denn nicht immer hatte ich dieses Selbstbewusstsein wie heute.
Oft ist es einfach nur die eigene Unsicherheit, die angreifbar macht. Menschen spüren so etwas. Es sind Menschen mit kleinem Horizont, die andere diskriminieren weil sie anders aussehen oder anders sind. Aber mal ganz ehrlich, solche Menschen, die nie Empathie gelernt haben möchte ich in meinem Umfeld gar nicht haben. Also ist oder wäre es mir auch nicht wichtig ob solche Menschen wegen meiner Flecken über mich reden, mich anstarren oder mich auslachen würden. Und mich wegen solchen Menschen verstecken oder mir den Spaß am Leben nehmen lassen – NIEMALS!
Ich habe das Glück von feinfühligen Menschen mit einem großem Herz umgeben zu sein, die mich meinetwegen mögen und denen meine Flecken völlig egal sind.
Und ich gehe mit meinen Flecken sehr selbstverständlich um, sie sind mittlerweile ein Teil von mir. Oft ist es schon passiert, wenn ich mit Menschen über meine Flecken gesprochen habe, dass das Feedback kam, dass sie ihnen gar nicht so arg aufgefallen sind. Oft vergesse ich selbst, dass sie da sind, denn ich mache sie nicht zu meinem Lebensinhalt.
Und ich hatte schon viele schöne Erlebnisse, seit ich Vitiligo habe treffe ich immer wieder auf Gleichgesinnte – mir ist vorher nie so aufgefallen, wie viele Menschen davon betroffen sind. Vor einiger Zeit hat mich ein älterer Herr im Schwimmbad angesprochen, er hat sich riesig gefreut, dass er an diesem Tag nicht der Einzige mit Flecken war. Er fragte mich ob es denn nun endlich etwas gegen diese Krankheit gäbe. Ich verneinte. Er erzählte mir daraufhin, dass er 79 sei und schon seit 70 Jahren gut mit diesen Flecken leben würde.
Immer wieder kreuzen Menschen meinen Weg, die davon mehr oder weniger gezeichnet sind. Und immer wieder freut man sich Gleichgesinnte zu treffen. Es sind immer nur positive Erlebnisse.
Und deshalb Ihr Lieben – ganz egal ob Ihr groß oder klein, dick oder dünn seid, ganz gleich wie anders Ihr seid – macht was Euch gut tut und Spaß macht, genießt jeden einzelnen Tag, feiert das Leben – Ihr habt nur dieses Eine!
Eure Tanja von T ❤ M